Polyommatus coridon, Ulm-Mähringen, 7. August 2004

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Schuetze Vita

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* ders. (1932): Grapholitha strobilella L. — Deutsche Entomologische Zeitschrift 45: 204-206. [PDF auf zobodat.at]
* ders. (1931): Grapholitha strobilella L. — Deutsche Entomologische Zeitschrift 45 (14): 204-206. [PDF auf zobodat.at]

Historische Lepidopteren-Literatur / Schütze (1931) / Leben und Werk
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Leben und Werk von Karl Traugott Schütze = Korla Bohuwěr Šěca

von Axel Steiner

* 26.8.1858, † 27.11.1938

Obwohl Schützes Todesdatum in den veröffentlichten Nekrologen und Biographien übereinstimmend als der 17.11. angegeben wird, ist das korrekte Sterbedatum laut der Kirchenbucheintragung der 27.11. (nach freundlicher Auskunft von Th. Haenchen, Pfarrer der Kirchgemeinde Hochkirch, vom 31.5.2008).

Bildnachweis:
Links: Archiv der Kirchgemeinde Hochkirch (Bukecy). Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Pfarrer Thomas Haenchen.
Rechts: Taf. 2 aus Starke (1940) [Reproduktion und digitale Retusche von Kratzern: Axel Steiner].

Karl Schütze wurde 1858 in dem Dörfchen Klix bei Bautzen als Sohn eines Stellmachers und Landwirts geboren. In der vielfältigen Umgebung seines Heimatdorfs mit den sandigen Kiefernheiden und den Sumpfwiesen und Teichlandschaften an der Spree begann er sich frühzeitig für die Natur zu interessieren. Er fing Fische und Krebse, entwickelte bald eine Vorliebe für die kleineren Tiere und eignete sich schon als Schüler eine umfangreiche Artenkenntnis an. Aufgrund seiner Begabung ermöglichte man ihm den Besuch des Lehrerseminars in Bautzen, wo er fünf Jahre lang studierte. Ostern 1877 kam er, erst achtzehnjährig, als Dorfschullehrer nach Rachlau am Fuß des Czorneboh, wo er bis zu seiner Pensionierung 43 Jahre lang, zuletzt als Oberlehrer, tätig war. Rachlau wurde ihm zur zweiten Heimat; hier wirkte er nicht nur als Lehrer, sondern war auch im Gemeindeleben aktiv sowie als Berater in Obstbau, Schädlingsbekämpfung und Pilzkunde. Im Februar 1881 heiratete er Anna Emilia Albert, die Tochter des Gemeindevorstands Peter Albert.

„Die ersten Hilfslehrerjahre verbrachte er in der ‚Alten Schule‛, die nicht immer gern von Frauen aufgesucht wurde, weil lebende Schlangen und Eidechsen umherkrochen, Käfer und Schmetterlinge Gläser und Kästen füllten und Pflanzen aller Art in Pressen lagen oder in Gefäßen umherstanden. Es war eine echte Naturforscherwohnung, der aber die ordnende Hand der Frau fehlte. Seit 1879 wohnte er in der ‚Neuen Schule‛, betreut von seiner Frau, mit der er eine glückliche Ehe weit über 50 Jahre lebte. Zwei Töchter und vier Söhne entsprossen dem Bunde, harte Zeiten waren zu überstehen, denn das Gehalt war gering, besonders da die Söhne ins gleiche Amt wie der Vater sollten. Und auch das Schwerste blieb ihm nicht erspart; ein blühender Sohn starb 1919 an den Folgen eines im Felde erworbenen Leidens. Nur durch größte Einschränkungen in den persönlichen Ansprüchen, nur durch Verzicht auf Vergnügungen und erholende Reisen gelang es ihm, seine Familie hochzuhalten und seine Kinder fürs Leben auszustatten. Aber Schütze hatte einen Jungborn, der ihm immer wieder Lebensmut gab. Das war die Natur. Beobachtend und sammelnd zog er durch die heimischen Wälder. Immer klarer kam es ihm zum Bewußtsein, wie gering unser Wissen über die heimischen Tiere und Pflanzen ist. Und diese Erkenntnisse drückten ihm die Feder in die Hand.“ (Jordan 1940)

Schütze war ein Lokalfaunist im klassischen Sinne des Wortes. Auf Anregung von Heinrich Benno Möschler hatte er begonnen, sich neben den Großschmetterlingen auch mit Kleinschmetterlingen zu beschäftigen, die bald seine erklärten Lieblinge wurden. Immer aber blieb er ein „Allround-Entomologe“, und seine Arbeiten legen davon Zeugnis ab. 1899 bis 1902 erschienen in der Deutschen Entomologischen Zeitschrift Iris „Die Schmetterlinge der sächsischen Oberlausitz“, denen 1930 ein Nachtrag folgte. In den Schriften der naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis in Bautzen, deren Ehrenmitglied er war, veröffentlichte er faunistische Arbeiten über die Schnaken, die Wildbienen, die Grabwespen, die Wegwespen und die Schlupfwespen der Lausitz – die letzteren überwiegend aus eigenen Zuchten erhalten. Beliebt waren seine populären Vorträge und Aufsätze in Tageszeitungen, unter denen sich Titel wie „Nächtliche Jagden“, „Gottes Gehilfen“, „Am Wiesenteiche“ oder „Eine lausige Geschichte“ finden.

Über das entomologische Fachgebiet hinaus veröffentlichte Schütze auch zahlreiche Arbeiten in sorbischer Sprache unter der sorbischen Variante seines Namens, Korla Bohuwěr Šěca.

Schon früh hatte er begonnen, entomologische Kontakte zu knüpfen, sowohl zu den Sammlern in der Lausitz wie Schilde, Trautmann, Rostock, Severin, Köhler, Feurich, Richter, Starke und Möschler, als auch zu überregionalen Spezialisten wie Staudinger, Wocke, Disqué, Caradja, Petersen, Escherich oder Hering. Die einen lieferten ihm Beiträge zur Oberlausitz-Fauna, mit den anderen korrespondierte er über Kleinschmetterlingsprobleme, wobei er als anerkannter Fachmann geschätzt und geachtet wurde.

In späteren Jahren konnte Schütze dann auch einige Reisen unternehmen, die ihn nach Südtirol, in die Julischen Alpen, an die Adria und in den Karst, ferner nach Thüringen, Hessen, Mecklenburg und Helgoland führten, „aber die Reisen haben ihn, wie er einst selbst sagte, nur eins gelehrt, daß die Heimat schöner ist als all die fernen Länder, daß sie dem Forscher mehr bringt als südliche Sonne und schroffe Gebirge“ (Jordan 1940). Oder wie Schütze selber sagte: „Wer seinen entomologischen Wissensdurst stillen will, findet dazu in der Heimat überreiche Gelegenheit. Die Heimat muß uns näher stehen, sie braucht uns auch viel notwendiger als die Fremde.“ Später haben die Mechanismen der Globalisierung andere Perspektiven eröffnet. Unbestreitbar bleibt aber, daß Heimatverbundenheit eine hervorragende Grundlage für regionalfaunistische Arbeiten bildet und in Menschen wie Schütze eine ideale Ausprägung gefunden hat.

Die zu Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in der Lepidopterologie vielfach in Mode gekommene unnötige Beschreibung und Benennung von Aberrationen, unwesentlichen Varietäten und oft unberechtigten Subspezies hatte Schütze schon sehr klar als die Selbstbefriedigung ihrer Autoren erkannt, als die sie auch heute rückblickend von den meisten wissenschaftlich arbeitenden Entomologen empfunden wird. Stattdessen war er stets bemüht, junge Entomologen für die Beschäftigung mit der Biologie und Ökologie der Arten und besonders ihrer Entwicklungsstadien zu motivieren. Er vertrat damit gegen die Modeerscheinungen seiner Zeit eine aus heutiger Sicht „moderne“, ökologisch orientierte Biologie.

„Ueberlaßt doch die Aufstellung endloser Reihen von Varietäten, Aberrationen, Formen und Lokalrassen, die künstliche Erzielung von Mißgeburten durch Hybridation, die Wärme- und Kälteversuche den Stubenentomologen und kümmert euch auch nicht um Exoten. Wir Freilandsammler müssen uns ein würdigeres Ziel stecken: Die Erforschung der Lebensweise, der Biologie unsrer Lieblinge; sind doch noch eine Menge Raupen unbekannt, und von vielen wissen wir sehr wenig.“ (Schütze 1931)

Schütze war Ehrenmitglied der Naturwissenschaftlichen Gesellschaften in Bautzen und in Dresden und des Internationalen Entomologischen Vereins in Frankfurt. Darüber hinaus ist er von August Fuchs im Namen einer Pyralidenart verewigt worden: Dioryctria schuetzeella FUCHS, 1899. Ein zweites Patronym, Butalis schuetzei FUCHS, 1901, wurde synonymisiert und steht jetzt unter Scythris laminella (DENIS & SCHIFFERMÜLLER, 1775).



Bibliographische Quellen

Elektronische Quellen



Bibliographie

Eine wahrscheinlich zumindest annähernd vollständige Liste der Publikationen Schützes (ausschließlich seiner Artikel in der regionalen Presse) findet sich in REINHARDT, R. & B. KLAUSNITZER (2002): Bibliographie über Sachsens Insekten – ein 300jähriger Rückblick. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 57: 1-182. Die Angaben in dieser Liste werden hier um einige weitere Arbeiten von SCHÜTZE ergänzt.

Ein entlegen publizierter Nachruf auf Schütze, der eine Bibliographie seiner Publikationen enthalten soll, konnte bis zum Redaktionsschluss am 27. November 2008 nicht eingesehen werden:

JORDAN, K. (1939): [Titel?]. — Oberlausitzer Heimat, 1939 (1): [Seiten?].



Anmerkungen zu den oben genannten Kontaktpersonen Schützes

Caradja, Fürst Aristide(s) von (* 28.9.1861, † 29.5.1955)

Moldawischer Adliger und Grundbesitzer. Bedeutender Kleinschmetterlingsspezialist.

Disqué, Heinrich (* 13.3.1843, † 1.1.1919)

Kaufmann in Mannheim, Frankreich, Mexiko und schließlich in Speyer. Bedeutender Kleinschmetterlingsspezialist und Faunist in der Pfalz und in Baden.

Escherich, Prof. Dr. Karl Leopold (* 18.9.1871, † 22.11.1951)

Forstzoologe und angewandter Entomologe in Tharandt und München.

Feurich

Faunist in der Lausitz.

Fuchs, August (* 8.12.1839, † 20.1.1904)

Pfarrer in Bornich bei St. Goarshausen. Bedeutender Lepidopterologe und Faunist des Mittelrheingebiets.

Hering, Dr. Erich Martin (* 10.11.1893, † 18.8.1967)

Zoologieprofessor in Berlin, bedeutender Lepidopterologe des 20. Jahrhunderts.

Köhler

Faunist in der Lausitz.

Möschler, Heinrich Benno (* 28.10.1831, † 21.11.1888 Kronförstchen bei Bautzen)

Kaufmann in Särichen (Oberlausitz), dann in Niederhennersdorf bei Herrenhut, später Gutsbesitzer in Kronförstchen bei Bautzen. Faunist in der Lausitz, publizierte auch über nearktische Lepidopteren.

Petersen, Mag. Dr. h.c. Wilhelm (* 31.5.1854, † 3.2.1933)

Lehrer und Schuldirektor in Reval. Bedeutender Lepidopterologe, der im 19. Jh. Forschungsreisen nach Kolumbien, Lappland, Persien, Transkaukasien, Armenien und in den Ural unternahm. Unter seinen 54 Veröffentlichungen sind eine Lepidopterenfauna von Estland und ein Grundlagenwerk über Eupithecien hervorzuheben.

Richter

Faunist in der Lausitz.

Rostock

Faunist in der Lausitz.

Schilde, Johanes Gustav (* 1839, † 21.9.1888)

Beamter der Landständischen Bank in Bautzen, später Kassierer der Städtischen Krankenkasse in Bautzen. Faunist in der Lausitz, unternahm auch Sammelreisen nach Panama, Costa Rica und Finnland.

Severin

Faunist in der Lausitz.

Starke

Faunist in der Lausitz.

Staudinger, Dr. Otto (* 2.5.1830, † 13.10.1900)

Der bedeutendste deutsche Lepidopterologe des späten 19. Jahrhunderts, heute vor allem bekannt durch die drei „Kataloge“:
 
STAUDINGER, O. & M. F. WOCKE (1861): Catalog der Lepidopteren Europa's und der angrenzenden Länder.
STAUDINGER, O. & M. F. WOCKE (1871): Catalog der Lepidopteren des Europaeischen Faunengebiets.
STAUDINGER, O. & H. REBEL (1901): Catalog der Lepidopteren des palaearctischen Faunengebietes.
 
Obwohl Staudinger durch seine Firma Staudinger & Bang-Haas weiten Kreisen als Schmetterlingshändler bekannt ist, war seine umfassende zoologische Ausbildung (er promovierte „De Sesiis agro Berolinensis“) der Garant für seine seriöse wissenschaftliche Beschäftigung mit Lepidopteren. Neben zahlreichen eigenen Forschungsreisen hat er wie wohl kein anderer die Erforschung der Ostpaläarktis und vieler tropischer Gebiete gefördert, indem er Entomologen ausrüstete und ihre Sammelreisen finanzierte, deren Ausbeuten er meist selber publizierte, teils zur Bearbeitung an Spezialisten weitergab.

Trautmann

Faunist in der Lausitz.

Wocke, Dr. med. Maximilian Ferdinand (* 27.11.1820, † 7.11.1906)

Praktischer Arzt in Breslau. Faunist in Schlesien. Bedeutender Kleinschmetterlingsspezialist, der diese Gruppe in den Staudinger-Katalogen von 1861 und 1871 bearbeitete. Forschungsreisen u.a. nach Skandinavien und in die Alpen.


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